Gehen in München

Das Münchner Mobilitätsreferats hat mitgeteilt, dass "das Gehen eine bislang unterschätzte Verkehrsart" sei!
Das finde ich spannend. Ein Artikel der SZ vom 12.12.22 greift dieses Thema auf.

Man fragt sich ja bereits wie das sein kann. Aber bei näherer Betrachtung wird einem schon bewußt, dass das Gehen per pedes nicht mehr der Normalfall ist. Ein amerikanischer Gast in einer Talk Show teilte in Berlin mit, wie verwundert er sei, hier (in Deutschland) "so viele Menschen zu Fuß zu sehen". In den USA "ginge man die 500m zum Geschäft mit dem Auto".

Ich vermute auch bei uns gibt es diesen Trend, obgleich unsere Städte gänzlich anders strukturiert sind. Gott sei Dank.

Dennoch: Gehen ist eine offensichtlich vernachlässigte Art der Fortbewegung. Immer schneller, hektischer, ohne Pause müssen wir ans Ziel kommen.
Gehen ist für mich aber mehr als nur ergänzend zum Einkaufen, zur Arbeit zu gehen auch sich dabei körperlich zu betätigen. Gehen ist doch auch eine andere Perspektive einzunehmen. Eine andere Proportion wahrzunehmen. Die schönsten Beispiele hierfür finden wir doch in Amsterdam. Eine Stadt die per se nicht fürs Auto gebaut wurde. Wir bewundern die menschlichen Proportionen der Häuser, Fenster, Türen.
Wir fühlen uns wohl!

Gehen ist auch stehenbleiben, ruhen, schauen, verweilen, vielleicht auch tratschen, gucken….
Gehen bedeutet auch Flanieren, Spazierengehen. Sich begegnen. Bank. Park. Grünzug. Baum. Begleitgrün. Humanismus. Bewusstsein.

Freiham München Stadtplanung

Nachdem seit einigen Jahren im neuen Stadtteil Freiham nunmehr zum 1. Realisierungsabschnitt gebaut wird, bin ich dort mal wieder vorbeigefahren um mir von der künftigen Dichte ein Bild zu machen.

Kurzum: von der bereits sichtbaren Architektur bin ich beinahe geschockt.
An der Grete Weil Strasse entstand ein Gebäude welches mit Schenkellängen von 126m beziehungsweise 102 m als nicht gerade klein zu betrachten ist, aber eine Anmutung hat, die zeitgenössische urbane menschengerechte Architektur Hohn spottet.

IMG_2822


Selbstverständlich finden sich auf der Webseite der Landeshauptstadt München zu diesem neuen Stadtteil viele blumige und facettenreiche Beschreibungen was man nicht alles berücksichtigt und erwogen hat. Alleinig die gigantisch überdimensionierte Hauptstraße die entlang dieser Blockrandbebauung führt ,misst in der Breite überschlägig fast 50 m.

Möge man mit dieser Art der Architektur nicht ganz an die Qualitäten eines Ricardo Bofills im Paris der 80er Jahre herankommen, so wird man zumindest hieran erinnert dass m.E. jeglicher Maßstab fehlt.

Wenn dann also mal wieder irgendwo anders in einer Bauleitplanung z.B. in SEM Nordost eine römische Ziffer IIX (8 Geschosse) in einem Grundriss erscheint, so sollten wir gewarnt sein. Warum klingt mir auch in den Ohren, dass unsere Stadtbaudirektorin immer wieder versichert, aus dem Bauvorhaben Riem gelernt zu haben?

World Cities Report 2020: The Value of Sustainable Urbanization

Wer Interesse hat an der weltweiten Entwicklung von Städten, sei der aktuelle UN Bericht 2022 hierzu empfohlen.

https://unhabitat.org/World%20Cities%20Report%202020


Über die Entwicklung der Städte hat Greg Woolf ein wunderbares Buch geschrieben: "Metropolis. Aufstieg und Niedergang antiker Städte". Eine Rezension im Deutschlandfunk finden Sie hier.

Konsumort Transformation

Wenn, wie bereits im Artikel vom 21.06.21 dargelegt, die Stadt nicht mehr reiner Konsumort sein wird und nicht mehr sein kann, was dann mit den "Konsumtempeln"? Dem Einkaufshaus? Ursprünglich angedacht und am Anfang des 20. Jahrhunderts in der Mitte der Städte errichtet, war dies ein Ort an dem Alles zu erwerben gedacht war.

Hat man sich noch als kleines Kind mit seinen Eltern abendlich am Wochenende zum Schaufensterbummel in die Innenstadt verdrückt, um dann noch vielleicht ein Eis zu schlecken, so hat dieses Geschäftsmodell mittlerweile fast ausgedient. Sowohl die Anzahl von Einzelhandelshäusern als auch deren Gesamtumsatz ist in den vergangenen 20 Jahren erheblich geschrumpft und hat sich beinahe halbiert. (s. Bericht PwC).

Nun wird allenthalben über eine sogenannte Nachnutzung dieser Innenstadtimmobilien nachgedacht, zumindest bei den Häusern die zwischenzeitlich leer stehen. s. hier zuletzt Karstadt-Kaufhof Häuser.

Leider handelt es sich bei diesen Häusern um Spezialimmobilien die nicht ohne weiteres einerr anderen Nutzung zuzuführen sind. Haben die Häuser doch zumeist keine Fassade mit Fenstern, sind enorm tief, haben eine unzureichende Erschließung u.a. Mängel.
Eine Umnutzung zum Wohnen oder als Büroflächen ist also nicht ohne tiefgreifende Maßnahmen oder sogar dem Abriss der Gebäude möglich.

Ferner handelt es sich bei den Eigentümern zumeist um Immobilienfonds oder Finanzinvestoren. Insoweit steht auch das Eigentumsverhältniss einer sozialverträglichen Nachnutzung dahingehend Wege, als dass Kapitalmarktinteressen bedient werden müssen. Offensichtlich sind nur ganz wenige dieser Immobilien Besitz der Kommunen.

Was also tun? Die Gemeinde kann nicht ohne weiteres die weitere Umgestaltung und Umnutzung bestimmen. Was tun mit einer Immobilie mitten in der Stadt die leer steht?

Neben einer Mischnutzung in Form von Wohnen, Büroflächen, Sportangeboten, Stadtteil Bibliothek, Treffpunkt u.a. und der Erdgeschosszone als Einzelhandelsfläche böte es sich an radikal umzudenken.

Warum hier nicht Urban Farming - Vertikal Farming betreiben? Essen aus der Stadt für die Stadt. Produktion von Salat und anderen Gemüsen direkt am Endverbraucher. Ultrakurze Wege. Kein Umbau der Fassade notwendig. Die lichten Geschosshöhen ohne abgehängte Decken sind womöglich sogar ideal hierfür. Platz für Logistik und Verpackung, Zwischenlagerflächen usw. stünden ausreichend zur Verfügung. Der Verkauf könnte im Haus stattfinden. Ein Umbau wäre meines Erachtens nur geringstfügig notwendig.
Sogar die Dachflächen, zumeist ja als Flachdach ausgeführt, könnten für den Gartenbau, Viehzucht, Schafherden, Bienen und anderes genutzt werden.
urbanvertical farming
Schauen Sie sich mal das Beispiel in New York City an:
https://www.brooklyngrangefarm.com
BrooklynGrange2

SunsetPark_2
Link zu einer Firma von Vertikal Farming: https://www.aerofarms.com/our-greens/
ProjectHighlight3-square
Bildrechte bei Aerofarms

Link zu Bericht der Beratungsfirma PwC zur Nachnutzung von Einkaufshäusern: https://www.pwc.de/de/real-estate/die-zukunft-der-warenhaus-immobilien.pdf

Die Seienden

Die Seienden

Wenn wir nicht gerade eilen, hasten und konferieren.
Gschaftig delegieren, kontrollieren und telefonieren.
Sind wir!

Sein. Einfach so. Allein und zusammen.
Im Dorf und in der Stadt.

Sein. Schaun. Verweilen.
Hören. Lauschen. Gucken. Bemerken.

Schweifen.Rasten. Sein.
Wirken lassen.
Zeit haben.
Du.
Ich.
Wir.
Hier.

Quartiersbedürfnisse

Immer wieder wird der Anschein erweckt dass nach bereits vollendeten Planungen im Bereich von Bebauungsplänen am Ende sehr viele Belange fehlen und offensichtlich im planerischen Vorfeld nicht bedacht wurden. Ein Artikel in heutiger süddeutsche Zeitung vom 19. Juli 2021 des Bezirksausschusses Ramersdorf und weitere unterstreichen dies?

Da stellt sich natürlich nicht nur für den Laien die Frage was eigentlich Stadtplanung beinhalten sollte: nur "Würfelhusten" oder doch der ernsthafte Versuch all die menschlichen Bedürfnisse in einem sozialen Kontext derSstadt auf öffentlicher Ebene zu erkennen, zu strukturieren und diese als Planungsziele festzuschreiben?

Siehe auch Beitrag vom 03.06.21
Aufstellung ist naturgemäß unvollständig

QUARTIER

Interview David Precht mit Deutschem Städtetagspräsidenten

Wenn sich das Laden-Sterben weiter fortsetzt und zugleich die Mieten steigen, was bleibt dann noch von einer Stadtkultur, in der sich die Menschen gerne aufhalten? Das fragt der Philosoph und Publizist, Richard David Precht, den Präsidenten des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Leipzig, Burkhard Jung, in der Sendung "Precht".


Link: Zur Sendung in der ZDF Mediathek

konsumort

Stadt muss wieder Lebensraum und nicht nur Konsumort sein

Stadt muss Aufenthaltsort sein und nicht nur ein grosser Autoparkplatz

Stadt muss die Plätze wieder den Menschen zurückgeben

Stadt muss wieder urban und voller Leben sein

Stadt muss den Verkehr neu denken

Stadt muss finanzierbar bleiben

Stadt bedeutet Leben, Leben auch auf der Strasse ermöglichen

Stadt bedeutet Mit-Einander. Reden. Zulassen. Toleranz. Ermöglichen.

Stadt ist Lebensermöglichen für Alle und nicht nur für die oberen 10.000 und deren Erben

Stadt ist auch kein Investitionsort-Spekulationsort







Stadt und Identität

Wie Gestern bereis geschildert vermisse ich die Identität im Quartier, im Viertel.

Momentan läuft das DOK.FILM.Festival in München, leider nur Online. Für mich im Jahr ein Must.
Ein Film über Fadosängerinnen in Lissabon und die Gentrifizierung, verlorene Identität dessen was mal die Alfama ausgemacht hat, Stadt mit Fassadenhüllen für Hotels und Touristen. 3-4 Kreuzfahrtschiffe pro Tag! Pro Schiff 3-4000 Menschen, die Segwayrollernd und in 2 Stunden das Lissabon erleben wollen, was es als ich 1988 erstmals dort war noch gab: plappernde Mütter von Balkon zu Balkon, nicht alles geschleckt instagrammhübsch, liebevolle Stimmungen, Ruhe, Stimmung, Wohlfühlen, Blicke, Gesichter, der Character einer Stadt, Gesichter mit Geschichten, Falten, Entspannung im Umgang, Nachbarschaft, Vertrauen…..

Jetzt wird geplündert. Internationales Geld. Fadoland.


Wo sind die Menschen? Weg. Suburbia, Geschosswohnungsbau mit Tiefgarage. Gesichtslos aber eben noch erschwinglich.
Und in der Altstadt? Disneyland. Fadoland. Keine Chance für normale Einkommen.
Lissabon, Barcelona, Berlin, London, Venedig, Rom,………
Wir lassen es zu dass die "Seele" dessen was wir Heimat nennen verscherbelt wird. Warum sieht dies kein Kommunalpolitiker? Ausverkauf. Welches Gefühl beschleicht die Menschen keine Gemeinschaft mehr zu sein für die es sich lohnt morgens aufzustehen?

Zwei Seiten der Medaille im Falle Lissabons. Nach der Finanzkrise 2008 lag die Stadt am Boden. Obgleich ja gesagt werden muss, dass nicht Lissabon an der Finanzkrise schuld war, sondern die weltweite Gläubigerstruktur EMF, Weltbank, Europa…..
Erst verarmen lassen und dann zuschlagen? Portugal und Spanien stehen ja nicht alleine neben Griechenland.

Warum siegt das Kapital über die grundlegendsten Bedürfnisse der Menschen?

Was können wir dem an Identität entgegenstellen?

Können wir eine grosse Genossenschaft bilden um das Heft in die Hand zu nehmen? Kaufen wir Gemeinschaftlich unsere Stadt zurück! Bilden wir Lokal Initiativen. Klinken wir uns in Die Diskussion mit ein. Nehmen wir von unserem Recht auf Bürgerbeteiligung gebrauch. Fragen stellen, Alternativen anbieten. Unbequem sein. JA.

Stadt und Einzelhandel

Wenn wir Einzelhandel meinen, meinen wir ja doch die Dinge des täglichen Bedarfs, Essen, Zeitungen, Tabak, Getränke, Mode, Technik usw. Insoweit zeigt sich aber bereits hier, dass wir seltenerweise für Essenseinkäufe den Bäcker, den Metzger, den Gemüseladen einzeln bemühen, da diese Angebote selten räumlich zueinander und fussläufig angeboten werden. Wochenmärkte ausgenommen. Dies würde ja bereits das Vorhandensein derselbigen voraussetzen und zudem die aktive Tat diesen dann auch nutzen zu wollen (Wocheneinkauf). Und auch nutzen zu können, wenn man Werktätig ist. Ferner würde dies auch Planung (was will ich die nächsten 5-7 Tage Essen?) voraussetzen.

Bäcker und Metzger sind ja nun meistens noch leichtere Ziele. Wenn es denn dann nicht sowieso zum Biomarkt geht, da einzelne gut erreichbare Gemüse-Obst-Geschäfte doch recht rar geworden sind. Und Tofu gibts da auch nicht….

Schlussendlich läuft es bei den meisten dann auf den Vollsortimenter hinaus, den Supermarkt. Aber auch diese Spezies ist meiner Auffassung nach in innerstädtischen Gebieten auf dem Rückzug. Notwendige Einzelhandelsflächen geeigneter Grössen inmitten des Wohngebietes sind im Bestand ja doch rar.

Also sind es wir die nicht mehr Geschäft für Geschäft ablaufen wollen und "Tante Emma" doch nicht alles hat.
Was bleibt: Discounter, Anonym, Konzern.
Warum: keine Zeit mehr, alles und jeder unter Druck. Optimierung
Was geht drauf: Nachbarschaft, Gespräche, Inhaber, Persönlichkeit, Viertelcharacer, Wohlfühlen….

Staus Quo 1+2

Wenn wie dargelegt Investoren die Qualität und Erscheinung sowie den Zustand unserer Städte definieren, was kann getan werden?

Welche Macht haben Kommunen und wir selbst ? Stadtgestaltungskommissionen, Stadtplanung, Erhaltungssatzungen, Sozialgerechte Bodennutzung SOBON in München, ökologische Kriterienkataloge sind schön und nett, haben aber allen finanziellen Zwängen nicht die Stirn geboten. Stadt sind Wir!

Lediglich in Neubaugebieten werden Investoren die notwendigen Manschetten angezogen sich an der sozialen Gestaltung zu beteiligen. Immerhin. Garant für Qualität ist dies aber auch nicht. Zu nennen sei hier beispielhaft die Messestadt Riem auf dem ehemaligen Flughafengelände, welche in gleichförmiger Investorenwohnungsbauarchitektur ein Ort des Grauens ist. Quartier im besten Sinne ist nicht entstanden. Keine Identifikation. Kein Wohlfühlort.

Längst haben Menschen in den Städten die Notwendigkeit erkannt und fordern von den Kommunen Mitsprache- und Bürgerrechte zurück. Stichworte: Quartierswende, Green City, Smart City, Verkehrswende……..

Klar ist, dass eine geschaffene Stadt mit Gebäuden, Strassen, Gehwegen, Plätzen nicht einfach so transformiert/ umgebaut werden kann. Aber viele kleine Veränderungen im Stadtteil/Quartier /Strasse lassen die Zukunftsfähigkeit und Qualität wieder wachsen.


Status Quo 1

Stadt bzw. der "Kiez" in dem wir leben, ist eigentlich der Bereich unseres Austausches, hier Treffen wir Freunde und Bekannte, leben unsere Nachbarn, hier gehen wir Einkaufen, ins Kino, verweilen auf einer Parkbank, Blühen Bäume, hält der Bus.
Kurzum: hier leben und fühlen wir uns idealerweise Authentisch und Wohl.

Was aber wenn diese Grundlagen schwinden, vom Aus bedroht sind? Von Innen und Aussen.
Wenn unser Quartier als unser soziale Umgebung zunehmend als reines Investitionsobjekt betrachtet und gehandelt wird. Wenn unsere Eigentümer und Vermieter unsere Mieteinnahmen ausschliesslich als primäre Geldquelle sehen und nicht als das zur Verfügung stellen von Lebens- und Arbeitsraum.

Hier in München darf man getrost bereits davon sprechen, dass ganze Stadtviertel wenn nicht bereits die ganze Stadt zur reinen Investitions- und Geldvermehrungsmaschine degradiert wurde.

Wer Stadt als Investition betrachtet und sämtliche kulturelle und sozialen Notwendigkeiten wenn überhaupt nur sekundär betrachtet, schafft ein Klima und Umfeld in welchem die Eingangs erwähnten Umstände ad absurdum gefühlt werden.

Diese Website wurde mit einem DSGVO/GDPR-sicheren TOOL (Rapidweaver 8) erstellt. Keines der ausgewählten Themen, installierten Plugins oder externe Server ziehen persönliche Identifikationen des Besuchers ab. Wir haben kein Interesse an Ihren Daten.
Sollte in irgendeinem Text eine männliche Form gewählt sein, so gilt dies nicht als Ausschluss aller anderen möglichen * Formen.